Eine aktuelle Studie (ezb-TB Zauner GmbH) bestätigt jetzt, was Fischer seit Jahren im Bezirk Kitzbühel beobachten: In der einstigen Forellenregion der Großache ist die Bachforelle derart stark zurückgegangen, dass sich die Bachforellenbestände an der unteren Grenze der Lebensfähigkeit befinden. Dabei ist die Bachforelle eine Leitart, die dort stark vertreten sein müsste. Allerdings stellt die Studie fest, dass die Forellenbestände nunmehr so gering sind, dass sie eine Entnahme durch Fischotter im üblicherweise auftretenden Ausmaß nicht mehr verkraften können und dadurch eine Erholung verhindert wird. Aus Sicht des Tiroler Fischereiverbands ist eine Regulierung der Fischräuber notwendig, um bedrohte Fischarten vor dem Verschwinden zu bewahren! Es geht um einen fairen Artenschutz und eine ausgewogene Balance zwischen Fischräubern und bedrohten Fischen.
Die vorgenommenen Elektrobefischungen bestätigen klar, dass die Bestände in den oberen Regionen des Großachesystems (also der Oberlauf der Großache sowie deren Zubringer Aschauer Ache, Kitzbüheler Ache und Fieberbrunner Ache) völlig zusammengebrochen sind. In der Großache selbst deutet die hohe Anzahl an Verletzungen bei Fischen auf eine intensive Nutzung durch Fischotter und fischfressende Vögel hin. Die Studienautoren weiter: „Das Ziel eines guten fischökologischen Zustands wird mit Ausnahme der Stelle Kössen durchwegs und mit Abstand verfehlt – obwohl die Lebensraumbedingungen eigentlich gut wären.“ Somit werden nationale und europarechtliche Vorgaben nicht erfüllt und die bezüglich vieler Lebensraumfaktoren intakte Großache ist mittlerweile ein ökologischer Sanierungsfall. Das bedeutet eigentlich einen konkreten Handlungsbedarf für die Behörde, die Abbildungen 1 & 2 belegen die dramatische Entwicklung eindeutig! Die vom Land Tirol ins Spiel gebrachte parasitäre Erkrankung PKD, die angeblich für den starken Einbruch der Fischbestände verantwortlich sein soll, erklärt jedenfalls den dramatischen Rückgang verschiedener Fischarten in der Großache nicht ausreichend. Zum einen sind die Fischbestände auch in Gewässerabschnitten eingebrochen, in denen keine ausreichend hohen Wassertemperaturen für PKD-Ausbrüche auftreten, zum anderen sind auch Fischarten betroffen, die nach heutigem Kenntnisstand keine große Anfälligkeit für die PKD aufweisen.
Regulierung der Fischräuber ist ein Gebot der Stunde
Das Resümee der Fachleute: Durch den Fraßdruck des Fischotters kommt es zu einer Übernutzung der geringen Restbestände und eine deutliche Erholung ist nicht zu erwarten. Zudem ergeben sich aus der hohen Schutzwürdigkeit der Fischbestände an der Großache im Tiroler Kontext (z.B. hinsichtlich des Wildbestandes an Äschen und des einzigartigen Huchenbestands) solide naturschutzfachliche Argumente, um eine Regulierung der Fischräuber umzusetzen.
Eine Vorgangsweise, die auch für Helmut Pletzenauer – Obmann des Fischereirevierausschusses Kitzbühel – alternativlos ist: „In unserem Bereich lebt auf drei Kilometern Flusslauf mindestens ein Fischotter und die Fischentnahme steht in einem drastischen Ungleichgewicht zur Fischpopulation. Der Artenschutz darf nicht an der Wasseroberfläche enden. Jetzt muss durch eine rasche Regulierung des Fischotters und der fischfressenden Vögel die Balance zwischen Fischräuber und Wildfischbestand wiederhergestellt werden!“.
Landespolitik ist beim ausgewogenen Artenschutz gefordert
Andreas Schiechtl, Landesobmann des Tiroler Fischereiverbandes, erwartet sich von der Landespolitik und den zuständigen Beamten mehr Unterstützung beim Schutz der heimischen Fische: „Die fischfressenden Vögel und der Fischotter setzen den Fischbeständen an vielen unserer Gewässer unglaublich zu. Dabei gerät der Fischlebensraum durch Verbauungen und den Wasserkraftwerksbetrieb ohnehin schon massiv unter Druck. Geschützte Fischarten wie Huchen, Äsche oder auch die Kleinfischart Koppe – allesamt vom Aussterben bedroht – verlangen nach demselben Engagement und derselben Hilfe der Entscheidungsträger im Landhaus, wie das für die Tiroler Bauern und deren Nutztiere beim Wolf erfolgt ist.“ Die vorliegende Studie wurde bereits an die verantwortlichen Regierungsmitglieder weitergeleitet. „Wir erwarten uns jetzt konkret und zeitnah Maßnahmen für ein Management der Fischräuber, vor allem auch des Fischotters. Weitere jahrelange Diskussionen über Zuständigkeiten innerhalb der Landesregierung und methodische Feinheiten können wir uns nicht leisten – so viel Zeit haben unsere Fische nicht mehr! Andere Bundesländer haben bereits vor Jahren EU-konforme und praktikable Verordnungen zur Regulierung von Fischräubern auf den Weg gebracht. Warum soll das in Tirol nicht auch möglich sein?“, ärgert sich Andreas Schiechtl.
Der Landesfischereiverband ist überzeugt, dass ein verantwortungsvolles Management der Fischräuber umgesetzt werden kann, ohne Verlierer zu schaffen. Es gibt leider nur mehr ca. 1.000 Huchen in ganz Österreich, beim Fischotter sind es hingegen mind. 4.000 Fischotter (eher 6.000 bis 7.000). Eine maßvolle Regulierung des Fischotters führt also sicher nicht zu seiner Ausrottung, ist aber eine wesentliche Maßnahme zur Rettung des Huchens. Dies ist notwendig, weil die Fischbestände ihre natürliche Resilienz verloren haben, aufgrund der vielfältigen Belastungen. Wenn die Gewässer saniert sind und unsere Fischbestände wieder ausreichend robust sind, kann die Regulierung der Fischräuber natürlich wieder zurückgefahren werden.
Multifaktorielle Belastung bedeutet nicht, nichts unternehmen zu müssen!
In der Studie wurden natürlich auch weitere Stressoren, wie z. B. Temperaturerhöhung, Totholzmangel, fehlende Beschattung, Hochwässer, PKD etc. behandelt und Empfehlungen – neben dem Management der Fischräuber – erarbeitet. Fest steht, dass auf unsere Gewässer und Fischbestände viele verschiedene negative Einflüsse wirken und die Fischpopulationen dadurch massiv unter Druck geraten sind. Man spricht von einer sogenannten multifaktoriellen Belastung. Was wir als Fischerei aber leider immer wieder erleben müssen, ist, dass Entscheidungsträger und Amtssachverständige diese Tatsache zum Anlass nehmen, keine Regulierung der Fischräuber durchzuführen. Begründet wird dies dann damit, dass es auch noch andere Faktoren gäbe, die den Fischbestand beeinflussen würden. Dies stimmt dem Grunde nach, jedoch weisen diese Stellschrauben ganz unterschiedliche Zeithorizonte auf und aufgrund der nunmehr dramatischen Situation muss auch an der Stellschraube der „Fischräuber“ gedreht werden. In der Studie „Der Huchen stirbt aus – was tun?“ (2023), die u. a. von namhaften Wissenschaftlern der Boku Wien erstellt wurde, wird genau dies postuliert.
Das oft vorgeschobene Argument, dass eine Regulation der Fischräuber aufgrund der europäischen FFH-Richtlinie und/oder der Vogelschutzrichtlinie nicht möglich sei, wurde bereits von verschiedenen Verwaltungsgerichten widerlegt.
Als Landesfischereiverband haben wir bereits seit Jahren unzählige Gespräche und Sitzungen mit den politischen Entscheidungsträgern und Behördenvertretern abgehalten. Verständnis wurde uns entgegengebracht, aber leider sind bis dato weder gesetzliche Anpassungen erfolgt, noch ist ein klarer politischer Wille in Richtung eines praktikablen Managements der Fischräuber erkennbar. Als Landesfischereiverband werden wir aber nicht locker lassen und dies gemeinsam mit unseren 10.000 Mitgliedern einfordern. Zum Schutz der Fischbestände und der letzten Wasserschätze braucht es neben umfassenden Renaturierungen, einem naturnahen Wasserbau und kraftwerksfreien Zonen eben auch eine umsichtige Regulierung der Fischräuber.
Abb. 1: Entwicklung der Biomasse (alle Arten) bei 30 Watbefischungen in den oberen Regionen des Großache-Systems im Zeitraum 2007 bis 2023. Quelle: Ratschan et al. (2024).
Abb. 2: Entwicklung der Häufigkeits- und Biomasseergebnisse der mittels Streifenbefischung befischten Abschnitte in der Großache („Äschenlebensraum“) im Zeitraum 2012-2023: St. Johann-Kirchdorf bzw. St. Johann-Erpfendorf (F-km 47-40), Erpfendorf-Lofer (F-km 39-31) und Kössen (F-km 29-24).
Th.th…Äsche, Sa.tr…Bachforelle, Hu.hu…Huchen, Co.go…Koppe, On.my…Regenbogenforelle.
Die vollständige Studie „zur Entwicklung des Fischbestands in der Großache unter Berücksichtigung von Prädatoren und anderen Einflussfaktoren“ kann unter folgendem Link abgerufen werden: