Die Barbe ist, im Eurasischen Raum, die mit Abstand häufigste Art der Gattung Barbus – diese, wiederum, ist die artenreichste innerhalb der Familie der Karpfenfische (Cyprinidæ). Sie ist die Leitfischart in den Fließgewässern der Barbenregion (auch Epipotamal genannt) und galt zumal als Massenfischart. Sie bevorzugt die (mittlerweile selten gewordenen!) strömenden und strukturreichen Gewässerbereiche der kleinen und größeren Flüsse. In Tirol ist der untere Innabschnitt (ab der Zillermündung) als Barbenregion eingestuft.
GEFÄHRDUNG
Es sind vor allem die Defizite in der Ausstattung ihres Lebensraumes sowie die Fragmentierung desselben – aber auch der Fressdruck von fischfressenden Wasservögeln –, die dazu geführt haben, dass die Art im Anhang V der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie aufgenommen wurde. In diesem Anhang werden „Arten von gemeinschaftlichem Interesse auflistet, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein können“.
Ganz im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie wurden in den letzten Jahren zahlreiche lebensraumverbessernde Maßnahmen an Österreichs Fließgewässern gesetzt. Das Augenmerk wurde auf die mittel- und langstreckenwandernden Fischarten gerichtet, zu denen, nebst Nase und Huchen, auch die Barbe zählt.
Österreichs „Rote Liste der Fische“ aus dem Jahr 2007 führt die Barbe als nahezu gefährdet; und das Risiko, dass sich die Situation für die Bestände dieser Art in den heimischen Gewässern verschärft, ist nach wie vor groß. Wir müssen handeln, wenn wir die Art nicht weiter gefährden wollen. Ihr könnte, mittel- bis langfristig, das gleiche Schicksal ereilen, wie dem vom Aussterben bedrohten Semling: einer in Österreich ebenfalls noch vorkommenden Barben-Art.
NAMENSGEBUNG
Ihren wissenschaftlichen Doppelnamen Barbus barbus verdankt die Barbe dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné, der sie 1758 vorerst noch als Cyprinus barbus katalogisierte, um damit ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Karpfenfischen (Cyprinidæ) zu unterstreichen. Sein volkstümlicher Name leitet sich vom lateinischen Wort für Bart: barba ab und dürfte eine Anspielung auf die vier, das Maul umgebenden, Barteln sein.
MERKMALE
Ihr Körper ist langgestreckt und fast drehrund; ihr Rücken nach außen gewölbt (konvex) und ihre Rückenflosse setzt an der Körpermitte an. Die Bauchseite ist nahezu gerade und ihr Maul ist unterständig: zwei typische Merkmale für Fischarten, die sich überwiegend am Gewässergrund aufhalten und dort nach Nahrung suchen.
Die vier fadenförmigen Barteln – ein Paar an der Maulspitze, ein weiteres an den Maulwinkeln – dienen als Tast- und Geschmacksorgane. Die deutlich entwickelten Lippen der Barbe sind mit zahlreichen Papillen – das sind warzenähnliche Erhebungen mit hunderten Geschmackssinneszellen – versehen.
ERNÄHRUNG
Adulte Barben sind Opportunisten, wenn es um die Nahrungsaufnahme geht. Sie haben räumlich und zeitlich variable Nahrungsspektren, weil sie jeweils die lokal häufigsten oder am besten zugänglichen Nahrungsquellen nutzen. Bei ihren nächtlichen Streifzügen „tastet“ die Barbe – zumeist in kleinen Trupps organisiert – den Gewässergrund nach Nahrung ab. In ihr Beuteschema fallen wirbellose Kleintiere wie Insektenlarven, Würmer, Schnecken und Muscheln. Gelegentlich nimmt sie auch pflanzliche Kost zu sich. Fischlaich, Fischbrut und kleinere Fische werden, wenn überhaupt, vorwiegend von adulten Tieren gefressen. Dass die Barbe, als Allesfresser, zudem vor Aas nicht Halt macht, ist wenig verwunderlich.
LEBENSZYKLUS
Barben sind Frühjahrslaicher. Sobald die Wassertemperaturen sprunghaft ansteigen und über mehrere Tage anhalten (je nach Abflussregime zwischen April und Juni) wandern sie in großen Scharen flussaufwärts, um schließlich auf den flachüberströmten, kiesigen Stellen des Gewässers und seinen Zubringern abzulaichen: ein Schauspiel, das uns an jenes der Lachse denken lässt. Leider lässt sich dieses Schauspiel nur mehr selten beobachten.
Bis zu zwanzig Männchen umgarnen die zumeist größeren Weibchen und warten auf den richtigen Zeitpunkt – denn die Laichbereitschaft der Auserwählten dauert zumeist nur wenige Tage an. Auffallend ist der perlschnurartige Laichausschlag der Männchen auf Kopf und Rücken. Das Weibchen legt ihre orange-hellgelben oder farblosen Eier in mehreren Portionen ab. Davon werden zwei Drittel befruchtet; die restlichen sterben ab. Die schwach-klebrigen Eier verkeilen sich im Kieslückenraum, wo sie sich weiterentwickeln können. Nach ein bis zwei Wochen schlüpfen die knapp einen Zentimeter großen Larven und verbringen eine weitere gute Woche damit, ihren Dottervorrat aufzuzehren. Sobald sie die Nahrung auf Plankton umstellen, wandern die Larvenschwärme flussabwärts. Ab einer Größe von rund zwanzig Zentimetern beginnen die Jungfische sich den Schulen der adulten Tiere anzuschließen.
BEDEUTUNG FÜR DIE FISCHEREI
Die Gebrüder Grimm sahen in ihr einen „edlen Fluszfisch“. Ob sie dabei ihre eleganten Bartfedern angesprochen haben, oder sie vielmehr an ihr wohlschmeckendes, festes Fleisch gedacht haben mögen, sei dahingestellt. Heutzutage wissen nur mehr wenige die Barbe als Speisefisch zu schätzen – nur allzu oft wird sie als unerwünschter Beifang wieder zurückgesetzt. Wer sie jedoch zuzubereiten weiß, kommt leicht ins Schwärmen. [Nebenbei erwähnt: der Rogen laichreifer Barben-Weibchen soll ungenießbar sein und kann nach dem Verzehr Erbrechen, Durchfall und Herzrhythmusstörungen verursachen.]
In den einschlägigen Diskussionsforen wird sie jedenfalls als ein sehr schlaues Tier, mit hervorragenden Sinnesleistungen, beschrieben. Und sie soll schwer zu überlisten sein. Wenn sie jedoch einmal „den Köder schluckt“, gibt sie nicht schnell auf.